März 2020

Fieberthermometer aus Geschwenda weltweit gefragt

Die Geratherm Medical AG in Geschwenda, die analoge Fieberthermometer mit dem selbst entwickelten Quecksilber-Ersatzstoff Galinstan herstellt, ist der einzige Produzent von analogen Fieberthermometern in Europa – ein enormer Vorteil in Krisen wie der Corona-Pandemie.

Das Thüringer Medizintechnik-Unternehmen mit Sitz in Geschwenda, hat seit Ende Februar 2020 schrittweise die Produktion von Fieberthermometern ausgebaut. Von jährlich ca. vier Millionen Stück hauptsächlich für den Export nach Italien und die USA soll auf bis zu acht Millionen Stück pro Jahr gesteigert werden.  Dazu wird im Drei-Schicht-System an 24 Stunden pro Tag und an sechs Tagen pro Woche gearbeitet. Schon jetzt wird in über 60 Länder exportiert. Das Unternehmen stellt derzeit Mitarbeiter in der Produktion, im Labor und im Qualitätsmanagement ein, da das international ausgerichtete und nun systemrelevante Unternehmen von einem nachhaltigen Bedarf seiner Produkte ausgeht.

Der unverhoffte Erfolg des analogen Fieberthermometers begründet sich auf der besseren Hygiene. Im Vergleich zu digitalen Thermometern gäbe es keine Knöpfe oder Ritzen, die Oberflächen für Desinfektionsmittel schlechter zugänglich machten, so Werkleiter Denny Holland-Moritz. Auch beim Thema Nachhaltigkeit können die analogen Thermometer punkten. Die Messgenauigkeit bleibe über 100 Jahre erhalten, und das ohne Batterien und alle Teile sind recyclebar, erklärt der Werksleiter.

Die Herstellung eines solchen Thermometers ist absolute Präzisionsarbeit und erfordert über 20 Arbeitsschritte, einige davon in Handarbeit. Erst vor einem guten Jahr hatte die Geratherm Medical AG in eine neue Halle sowie in eine eigene Glasschmelzwanne investiert, um Messkapillaren selbst fertigen zu können und hielt damit die über 100-jährige Glastradition der Region am Leben. Die Messkapillaren werden in das Innere des Thermometers eingebaut und mit dem Quecksilber-Ersatzstoff Galinstan befüllt. Auch alle weiteren Komponenten für die Thermometer werden in Deutschland gefertigt. Damit ist das Medizintechnik-Unternehmen mit den Geschäftsbereichen Healthcare Diagnostik, Medizinische Wärmesysteme, Cardio / Stroke und Respiratory ein erfolgreiches Beispiel, wie eine von wenigen asiatischen Herstellern unabhängige Versorgung mit lebensrettenden Produkten gelingen kann.

Messgeräte aus Geraberg waren schon zu DDR-Zeiten weltweit gefragt. Anfang der 1990er Jahre wurde die Geraberger Thermometerwerk GmbH von der Treuhand verwaltet und ein Käufer gesucht. Im Jahr 1993 gelang dem Chemiker Heribert Schmitt die weitreichende Erfindung des quecksilberlosen Fieber-Thermometers, damals eine Weltneuheit, für die er mit dem Ritterorden ausgezeichnet wurde. Der Einsatz von Quecksilber ist in Europa seit 15 Jahren verboten. Statt Quecksilber kommt seit den 90er-Jahren das selbst entwickelte und patentierte Galinstan zum Einsatz, eine Verbindung aus Gallium, Indium und Zinn. Damit hat das börsendotierte Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal, das Potenzial verspricht.

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